> Ernst & Claudia on Tour :.
Unsere Reise durch Indien und Südamerika [1. Oktober 2004 - 17. Februar 2004]
 
:: Nach Ushuaia - bis ans Ende der Welt - und zurück (9.12. - 25.12.04) Last updated: Thursday, January 13, 2005

Gemäss Planung wäre unser Trip der Andenkette entlang mit dem Erreichen von Punta Arenas eigentlich beendet gewesen. Dank dem glücklichen Umstand, dass wir unsere bisherige Abenteuerstrecke ohne Unfall, Panne oder sonstigem Unglück bereisen konnten, haben wir jetzt noch viel Zeit übrig, um unsere Reise noch weiter nach Süden auszudehnen.

Gesagt, getan – am 11. Dezember verabschieden wir uns von Punta Arenas mit dem Ziel, die südlichste Stadt der Welt zu besuchen. Dafür verlassen wir den amerikanischen Kontinent, indem wir mit einer Fähre über die berühmte Magellan Strasse nach Feuerland – oder Tierra del Fuego – übersetzen. Die gewaltige Strömung, ein Tidenhub von zwanzig Metern und berüchtigte Orkane machen die Überfahrt manchmal zum Abenteuer – glücklicherweise ist uns die Natur auch dieses Mal wohlgesonnen!

Eine Bemerkung am Rande, Feuerland wurde im Jahre 1520 von Magellan entdeckt und er hatte der flachen Insel einen so vielversprechenden Namen gegeben, weil er dort nachts immer Feuer brennen sah und an eine besondere Laune der Natur glaubte. Dabei waren es die Ureinwohner, die sich wegen der anhaltenden Kälte wärmten. Nun aber zurück zur eigentlichen Geschichte.

Das Einzige am Übersetzen mit der Fähre, das es vielleicht verdient hätte „abenteuerlich“ genannt zu werden, ist unsere Erfahrung mit der Fährengesellschaft: Wir haben also in schweizerischer Manier, zwei Tage im Voraus die Tickets für die Überfahrt nach Porvenir mit der Fähre gebucht und stehen, am auf dem Reservationsformular besagten Tag, pünktlich um 0800 Uhr am Hafen. Wir bezahlen unsere Tickets, und melden uns beim Verlademeister. Er sagt uns, dass alles in Ordnung sei und er uns ein Zeichen geben werde, sobald unser Auto zum Verladen dran sei. Nun warten wir und schauen dem spektakulären Verlad von diversen riesigen Lastwagen interessiert zu und bekommen kein Zeichen. Wir warten noch immer und fragen uns, wann wir denn endlich dran sind. Nach einigem Warten verliert Claudia die Geduld und spricht noch einmal beim Verlademeister vor. Überraschung – dieses Mal stellt er fest, dass wir gar nicht auf der Passagierliste stehen, obwohl unser Reservationsformular ganz deutlich das heutige Datum und unseren Namen trägt. Ganz cool meint der Verlademeister jedoch, dass wir sicher noch Platz auf der Fähre hätten und wir uns somit also keine Sorgen machen müssten. Er würde uns ein Zeichen geben, sobald wir auf die Fähre fahren könnten. Beruhigt warten wir weiter und schauen dem emsigen Treiben beim Verladen zu, bis er um 0910 Uhr endlich an unser Fenster klopft und uns – oh, Überraschung – mitteilt, dass für uns trotz allem kein Platz mehr auf der Fähre sei.

Erstaunen – Ernüchterung – Enttäuschung – Wut!

Das darf ja wohl nicht wahr sein! Jetzt warten wir hier über eine Stunde und er weiss erst jetzt, dass er für uns keinen Platz mehr hat? Wir haben in Ushuaia ein Hotel gebucht und 440 Kilometer Fahrt vor uns – aber, wie kommen wir jetzt überhaupt nach Feuerland? Was meint der Verlademeister, als Aussenstehender, zum Thema Intelligenz? Fragen über Fragen!

Kurz bevor die Fähre ablegt, fällt uns ein, dass wir ja bereits bezahlt haben! Kurzerhand entert Claudia in Manier einer Korsarin (gibt es so etwas überhaupt?) die Fähre und ficht die wütenden Angestellten mit einem Schweizerdeutsch-Spanisch-Italienischen Fluchwörtergemisch in Grund und Boden und bleibt so lange auf der Fähre, bis der Sieg unser und das bezahlte Ticket zurückerstattet ist! Wer wagt da noch zu wiedersprechen, dass in den Venen der Schweizer doch Seefahrerblut fliesst?

Nachdem wir nun also alle uns noch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten geprüft und wieder neuen Mut gefasst haben, fahren wir jetzt kurzerhand zur anderen, nördlich gelegenen und 160 Kilometer entfernten Fähre. Diese nimmt uns dann auch ohne wenn und aber mit, und so erreichen wir gegen 1400 Uhr in San Sebastian doch noch die Grenze. Wie bereits in einem anderen Bericht erwähnt, haben wir uns ja extra für Ushuaia ein zusätzliches Überfahrtsdokument erschwindelt. Doch ausgerechnet an diesem Zollübergang macht der ignorante, nicht-der-vielbesagten-chilenischen-Bürokratie-fröhnende Zollbeamte keine Anstalten die Bewilligung einzufordern. Er will sie nicht einmal, als wir sie ihm ganz freundlich anbieten und ihn mit typisch schweizerischem Pflichtbewusstsein darauf hinweisen, dass wir das Dokument sonst an allen Zollstationen haben abgeben müssen. Wir sind enttäuscht – schon wieder ist ein Klischee, nämlich das der ausgeprägten chilenischen Bürokratie, angekratzt!

Die Fahrt durch Feuerland gleicht derjenigen auf der Ruta 40 durch die argentinische Pampa. Kurz bevor wir jedoch Ushuaia erreichen, erklimmt die Strasse noch einmal die letzten Höhenzüge der Anden. Wie wir mitbekommen, wurde hier der gesamte Baumbestand vom grössten Holzkonzern der Welt erworben, der nordamerikanischen Trillium. Wenn die Behörden ihre Vorbehalte aufheben, wird Feuerland zu Faxpapier verarbeitet. Denn die morschen Stämme sind zu nichts anderem zu verwenden. So erreichen wir also um zirka 1830 Uhr, recht erledigt von der langen Fahrt, Ushuaia. Es hat sich wirklich gelohnt – es ist ein spezielles Gefühl in der südlichsten Stadt der Welt zu sein. Ushuaia liegt am Beagle-Kanal, eingebettet in eine spektakuläre Umgebung von schneebedeckten Bergen im Hintergrund, eisig-kaltem Wasser mit vielen kleinen Inseln im Vordergrund. Die Einwohnerzahl hat sich in den letzten zwanzig Jahren vervierfacht und steht heute bei zirka 45'000 Einwohnern – der Trend ist immer noch steigend. Das Wort "Ushuaia" kommt übrigens aus der Sprache der Ureinwohner Yámana und bedeutet "Bucht, die nach Osten sieht". Todmüde von der anstrengenden, über 600 Kilometer langen und mehr als zehn Stunden dauernden Fahrt, fallen wir wenige Stunden nach unserer Ankunft ins Bett.

Der nächste Tag startet mit gutem und freundlichem Wetter und so entschliessen wir uns eine kleine Wanderung im Nationalpark Tierra del Fuego zu unternehmen. Wir wandern entlang dem Lago Roca, durch eine wunderschöne Waldlandschaft bis an die argentinisch-chilenische Grenze. Danach schauen wir uns noch Biberdämme an und haben sogar das Glück den emsigen Biber, im Wasser schwimmend, kurz bei seiner Arbeit zu beobachten.

Immer noch von akzeptablem Wetter beglückt, machen wir am folgenden Tag einen Bootausflug im Beagle-Kanal. Dabei passieren wir einen Leuchtturm, diverse Inseln auf denen wir verschiedene Vögel und unglaublich stinkende Seelöwen beobachten können und unternehmen sogar noch einen Spaziergang auf einer Insel. Auf dieser, wie auf all den grösseren Inseln im Beagle-Kanal, lebten früher Onas oder Yámanas (Ureinwohner). Wir sehen hier viele verschiedene Vögel und Pflanzen und sogar ein „Tierra del Fuegoisches“ Edelweiss!

Nach zwei Tagen mit gutem Wetter bringt der Dritte leider nur Regen mit sich und so entscheiden wir uns für eine Shoppingtour. Es ist ja bald Weihnachten und wir wollen unsere Götti- und Gottenkindern doch auch mit Geschenken verwöhnen – wenn wir denn wieder einmal in der Schweiz sind. Gegen Abend fällt das Thermometer und es wird mit gegen Null Grad Celsius bitter kalt in der Stadt. Es macht schon bald den Anschein von richtigem Winter – nur der Schnee fehlt! Wir verkriechen uns also unter der Bettdecke und lassen uns von schönen Träumen berieseln.

Am Tag unserer Abreise wachen wir auf und sehen Schnee. Schnee? Ja, Schnee! Es hat bis zirka 150 Meter oberhalb der Stadt geschneit! Ein wunderschönes Bild, denn die Sonne scheint, bei fast wolkenlosem Himmel. So entschliessen wir uns, die Abreise noch um einige Stunden zu verschieben und zuerst die wunderbare Stimmung, und den Ausblick auf die Stadt, die Berge und das Meer von verschiedenen Aussichtspunkten aus, so richtig zu geniessen. Anschliessend fahren wir in zirka sechs Stunden die 440 Kilometer nach Porvenir zurück. Fünf Tage nach unserem ersten missratenen Fähren-Abenteuer haben wir wieder vertrauen in die lokale Transportgesellschaft gefasst, und siehe da – man glaubt es kaum – dieses Mal sind wir tatsächlich auf der Passagierliste, werden wirklich aufgeladen und sogar bis nach Punta Arenas zurückgebracht.

Zurück in Punta Arenas besuchen wir noch die Pinguinera bei Seno Otway. Wir beobachten die kleinen, witzigen Magellanpinguine beim Schwimmen, Umherwatscheln, Junge füttern und Sonnenbaden bei zehn Grad Celsius – brrr! Ein wirklich hübsches Bild, das wir dank unserem Auto fast alleine geniessen können! Wir machen den Ausflug nämlich am Morgen, entgegen dem enormen Touristenstrom, der durch all die am Nachmittag kommenden Touristenbusse verursacht ist. An einem weiteren Tag erkunden wir zusammen mit einem richtigen Gaucho und seinem jungen „Lehrling“ die wunderschöne und wilde Landschaft per Pferd. Wir starten bei der Estancia Rio de los Ciervos zum vierstündigen Ausritt durch den geschützten Magellanwald zu einer Lagune. Es ist wunderschön und diesmal hat es glücklicherweise auch nicht geregnet, wie damals in Pucon. Jedoch spüren wir am drauffolgenden Morgen unsere Füdlis „mordsmässig“! Aller Anfang ist schwer.

Am 22. Dezember geht es dann weiter nach Santiago, wo angenehme – wie heute berichtet – 30 Grad Celsius unsere Körper wärmen werden. Eigentlich ist es schon etwas gar warm für Weihnachten, aber wenn wir schon keinen Schnee haben, dann doch wenigsten Sonne und Wärme, oder? Am 26. Dezember fliegen wir dann weiter nach Sao Paulo (Brasilien), wo wir zuerst Marcel Boeni und dann die Koehlers treffen und wieder ganz neue Dinge erleben werden. Mehr dazu in den folgenden Berichten.

Wir wünschen Euch ein frohes Weihnachtsfest und natürlich auch „en guete Rutsch“ ins neue Jahr, nehmt nicht zu viele Vorsätze, die Ihr sowieso wieder brechen werdet, und stosst in Gedanken doch auch mit uns an.

 

Feliz Navidad

 

Aussicht am Lago Roca
Aussicht am Lago Roca

Waldspaziergang beim Lago Roca
Waldspaziergang beim Lago Roca

Ein Biberdamm bei der Lapataia-Bucht
Ein Biberdamm bei der Lapataia-Bucht

Leuchtturm am Ende der Welt
Leuchtturm am Ende der Welt

Ein Seelöwenmännchen mit Harem
Ein Seelöwenmännchen mit Harem [Anmerkung des Webmasters: Der Traum jeden Ernst's ;-) ]

Eine Kormoran-Kolonie
Eine Kormoran-Kolonie

Tierra-de-Fuegoisches Edelweiss
Tierra-de-Fuegoisches Edelweiss

Ein Jäger über unseren Köpfen
Ein Jäger über unseren Köpfen

Der Hafen von Ushuaia
Der Hafen von Ushuaia

Ushuaia mit Beagle-Kanal und verschneiten Bergen
Ushuaia mit Beagle-Kanal und verschneiten Bergen

Der sechste und grosse Bruder der Cinco Hermanos
Der sechste und grosse Bruder der Cinco Hermanos

Abendstimmung bei Porvenir
Abendstimmung bei Porvenir

Neugieriger Frackträger in der Pinguinera Seno Otway
Neugieriger Frackträger in der Pinguinera Seno Otway

Herr und Frau Megellan-Pinguin
Herr und Frau Megellan-Pinguin

Claudio und Ernst, die Gaucho-Lehrlinge
Claudio und Ernst, die Gaucho-Lehrlinge

Ernst und der Gaucho
Ernst und der Gaucho

 

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